Nachhaltigkeit ist nur etwas für Reiche!

Bei Nachhaltigkeit kann man/frau tatsächlich "halbschwanger" sein...

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Ein Gastbeitrag von André Scholz:

Provokante These- in vielen Diskussionen kommt irgendwann der Punkt, in dem diese oder eine ähnliche Behauptung aufgestellt wird. Für mich war nachhaltiges Verhalten schon immer wichtig- umso schwieriger waren für mich die zwei Zeitpunkte, in denen ich wirklich sehr sehr wenig Geld hatte. Zur schlimmsten Zeit bin ich tatsächlich in der Mittagspause Pfandflaschen für das Geld fürs Mittagessen sammeln gegangen. Anfangs hat mich ein Gefühl von Hilflosigkeit ereilt, aber irgendwann stellte ich fest, dass ich trotz wenig Geld auf andere Art und Weise nachhaltig sein kann. Dies hat mich beflügelt.

Im Laufe der Zeit hat sich glücklicherweise meine finanzielle Situation gebessert, aber das Wissen, wie man mit wenig Geld trotzdem Gutes tun kann, habe ich mir erhalten und teile das gerne.

Bei nachhaltigem Leben kann man tatsächlich "halbschwanger" sein

Weniger ist oft mehr – im doppelten Sinne: Zum einen haben viele den Anspruch, Nachhaltigkeit ist ein 100%-Ziel, nach dem Motto „ganz oder gar nicht“. Da muss ich widersprechen: Es gibt hier nicht nur ein „schwanger“ oder „nicht schwanger“- es gibt auch noch etwas dazwischen. Nachhaltigkeit, ökologisches oder faires Verhalten ist ein Entwicklungsprozess, der eigentlich nie zu Ende ist. Wer das verinnerlicht, hat nicht das Gefühl sowieso zum Scheitern verurteilt zu sein.

Zum anderen bedeutet Nachhaltigkeit auch, nicht alles besitzen zu müssen, oder sich mit anderen messen zu müssen. Und ja, hier geht es nicht nur um den 3. oder 4. Zugang zu Streaming-Diensten, hier geht es auch um andere angehäufte, meist nutzlose Besitztümer, oder übermäßigen Fleischkonsum.

Wenn schon Fleisch, dann weniger und bewusster

Keine der Parteien im Bundestag fordert Fleischverbot für alle Bürger*innen. Aber jeder sollte sich einmal fragen, um welchen Preis die günstigen Fleischpreise im Supermarkt zu haben sind. Wie wäre es einfach mal mit weniger Fleisch? Ich kann mich trotz meiner 43 Jahre noch an eine Zeit erinnern, als es einen Sonntagsbraten gab. Wenn davon etwas übrig war, gab es dann dann 1-2 Tage danach zu den Mahlzeiten noch etwas davon. Ansonsten gab es meistens Pellkartoffeln -davon kann man auch groß werden. Wenn es Reste gab, wurden diese sowieso nochmal verarbeitet. Trockenes Brot- das konnte auch gut im Backofen zu Pizzabrot werden (oder in der Pfanne geröstet). Wie wäre es einmal, Fleisch nur dann zu kaufen, wenn man die Tiere (oder zumindest den Landwirt)persönlich kennt? Ja klar, das Fleisch ist teuer, aber man kann das mit einem besseren Gewissen essen. Der Landwirt und die ebenfalls daran beteiligten Metzger werden besser entlohnt, als die Landwirte, die die Supermärkte beliefern.


Die Resteverwertung ist übrigens nichts neues, am besten einfach mal in ein altes Kochbuch (egal aus welchem Land) schauen. Mal gibt es eine „Restesuppe“, mal wurden Reste auf einem, oder in einem Teig, oder auf andere kreative Art verarbeitet. Lieber mal ein paar Reste übrig lassen und diese nochmal verarbeiten, statt immer alles aufzuessen, kann auch eine Art von Nachhaltigkeit sein und Ressourcen und Geld sparen.

Am Ende dankt es einem der eigene Körper auch durch weniger Gesundheitskosten (bei mir waren es die dann nicht mehr notwendigen Blutdrucktabletten.)

Qualität statt Quantität sollte immer die Devise sein.

Kleidung bewusst einkaufen, nicht jedem Trend hinterherlaufen

Ich brauche keinen Schrank voller T-Shirts für 3 €, vielleicht reichen ja auch 3 oder 4 für ein paar Euro mehr, bei denen der Hersteller garantiert, dass diese eben nicht beim Auspacken nach Chemie riechen und erst 2-3x gewaschen werden müssen, bevor die Haut keinen Ausschlag beim Tragen bekommt. Die vermeintlich „teuer“ eingekauften Shirts halten interessanterweise länger und machen den höheren Preis wett. Wenn das T-Shirt dennoch Löcher hat, kann es vielleicht noch gestopft werden. Falls auch das nicht mehr hilft, gibt es ja immer noch ein zweites oder drittes Leben als Staublappen, Türstopper, Handyhülle oder Handballenauflage beim Arbeiten am PC.Es gibt jede Menge Anleitungen im Internet hierfür.

Recyclen, Reparieren, Weitergeben

Alte, smarte Geräte können häufig ein zweites Leben durch einen Softwareaustausch bekommen – z.b: Linux statt Windows auf einem Laptop, LineageOS statt Android auf einem Smartphone. Mein derzeitiges Smartphone ist ein Samsung Galaxy S4, dass ich für 20€ erstanden habe.

Auch ist es möglich, Elektrogeräte zu reparieren.

Einen Repair-Sonntag mit der Familie zu verbringen macht auch Spaß und kostet weniger als der Aufenthalt in einem Freizeitpark. Kinder freuen sich immer über Bastelaufgaben und gemeinsam verbrachte Zeit. Außerdem erfüllt es alle mit Stolz, wenn etwas wieder funktioniert und durch eigene Kraft wieder ans Laufen gebracht wurde.

Und wenn man nicht selbst solche Reparaturen/Aufrüstungen durchführen kann und kein Repair-Café in der Nähe hat, gibt es immer Abnehmer für solche Geräte. Am besten kostenlos (oder eine kleine Gebühr für Porto und Verpackung) auf einem elektronischen Marktplatz inserieren- es gibt immer jemanden, der sich über ein solches Gerät freut.

Weniger und klüger mit dem Auto unterwegs sein

Zu guter Letzt konnte ich auch eine Menge Geld sparen, indem ich Wege zusammengelegt habe oder das Auto ganz vermieden habe. Häufig höre ich das Argument in meinem Umkreis: Aber ohne Auto geht nicht auf dem Land- das habe ich nie gesagt, ich sage ja nur: weniger Auto(s). Die Voraussetzung ist aber, dass man Kleinigkeiten auch mal mit dem Fahrrad oder zu Fuß erledigt. Nicht jede Fahrt muss mit dem Auto zurückgelegt werden. Die derzeit hohen Benzin- und Dieselpreise sollten uns eigentlich mal zum Umdenken bewegen, anstatt reflexhaft einzelnen Parteien, Politikern oder Instituten Schuld zuweisen.

Flexibel sein, Ideen austauschen, nicht jedem Trendnachlaufen und alles besitzen müssen, spart nicht nur im eigenen Geldbeutel, sondern auch wichtige Ressourcen.

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